Von Frieden, Sucht und Freiheit

Hüten wir uns davor, uns in die bloße Umkehrung unserer Gegner zu verwandeln.
Nicolás Gómez Dávila

 

Das sind weise Worte. Sie zu befolgen wird immer schwieriger. Noch trage ich keinen Hass in mir, auch nicht auf die übelste Sorte von Gegnern, die sich das, was ich verteidige, als Feindbild auserkoren haben. Die Gegner der Familie; des Lebensrechts; des Glaubens und des Privaten. Da sie mich bzw. das, was ich verteidige, zuerst gehasst haben, empfinde ich mehr eine Enttäuschung und diese entpuppt sich bei nüchterner Betrachtung als gut und nützlich. Sie trägt dazu bei, dass ich mich geistig und körperlich sehr viel leichter von diesen Menschen fern halten kann. Eine Enttäuschung bedeutet nichts anderes, als das Ende einer Täuschung. Und darüber froh zu sein, ist keine Geisteskrankheit und ebenso kein Masochismus – auch wenn eine Enttäuschung erst einmal weh tut. In vielen Fällen tut sie sogar sehr weh. Man verliert Freunde – oder solche, von denen man annahm, dass sie welche sind; man verliert das Ansehen, sofern das Umfeld aus perfekten Pharisäergutmenschen zusammengesetzt ist und man verliert vielleicht auch seine Arbeit, wenn linke Genossen, die sonst nichts zu tun haben, der Denunziation nachgehen. In manchen Ländern dieser Welt verliert man sogar sein Leben und das meist in einem Überraschungsmoment, wo Gegenwehr irrwitzig wäre. Das sind Tatsachen, die sich überall auf diesem Planeten abspielen und zwar schon immer. „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt!“. Das wusste schon Friedrich Schiller zu verdichten.

Das Problem ist doch vielmehr die seltsame Auffassung von Frieden und die Sucht nach seiner weltlichen Ausprägung. Wir erlebten in Deutschland und in großen Teilen Europas nun Jahrzehnte lang einen Frieden, der uns nicht friedlich sondern abhängig und wehrunfähig gemacht hat. Aber nimm einem Süchtigen seinen Stoff weg – wie wird er reagieren? Vermutlich wird er zuerst nicht wissen, wie ihm geschieht und wie er sich verhalten soll. Wenn ihm dann klar wird was geschehen ist, wird er aggressiv und weil er sich nicht wirklich zur Wehr setzen kann, um an Drogen zu gelangen, verzweifelt er. Irgendwann gibt er auf und zwar unter den schlimmsten Qualen, die man sich vorstellen kann. Wenn er dann keine Hilfe bekommt, geht er jämmerlich zu Grunde. Und leider sehe ich uns Deutsche in der Lage eines solchen Drogensüchtigen. Man erlaubte uns zuerst diese Zufriedenheit, man erlaubte uns in der Welt wieder Jemand zu sein. In den 90ern brach sogar so etwas wie Stolz in uns aus. Wir liebten und vergötzten diese Freiheit, ja sogar in dem Maße, dass wir zuließen, wie andere diese Freiheit pervertierten und sie zum Schaden des eigenen Volkes ausnutzten. Dieser anfängliche Anflug von Freiheit, also die erste Freiheit, wurde uns aber wieder entzogen. Das hat uns einen Schlag versetzt, der nur zu ertragen war, indem man sich der allgemeinen Gesinnungsdiktatur aus der pervertierten Freiheit entweder anschloss oder sich ihr still protestierend unterwarf. Warum? Um des lieben Friedens Willen. Doch so einen Frieden gibt es nicht auf ewig und nicht kostenlos.

Es ist gewiss nicht verwerflich, nach weltlichem Frieden zu streben, doch man sollte sich von ihm nicht ködern und beherrschen lassen. Es ist auch nicht verwerflich, seinem Körper etwas zuzuführen, wodurch es dem Leib besser geht. Doch auch davon sollte man sich nicht beherrschen lassen – ob es nun in Esssucht oder eben Drogensucht ausartet.

Der menschliche Körper kann auf natürlichem Wege die Hormonausschüttung von Dopamin oder Adrenalin erfahren und der menschliche Geist – so meine ich – kann auf übernatürlicher Weise den Frieden Gottes erfahren. Besitzt der Mensch einen inneren Frieden; eine innere Zuversicht, so ist er nicht mehr mit weltlichem Gemütlichkeitsfrieden erpressbar und gesundet dadurch genauso, wie ein Mensch, der nicht mehr auf substanzgebundene Stimulation angewiesen ist, um diverse Hormone auszuschütten. Ersterer wird sich weniger auf undurchsichtige Geschäfte und auf Deals, die sein Gewissen angreifen, einlassen. Der Mensch ruht dann – das ist wiederum mein Glaube – in der Kraft Gottes und erfährt dadurch eine Stärkung seines Mutes, seines Willens und seiner Sinne. Er wird wachsam und frei. So verstehe ich den Ausspruch: „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns?“. Letzterer wird durch Drogen nicht erpressbar sein, auch er gewinnt dadurch eine gewisse Freiheit, einen gewissen Frieden.

Ich sage weder, dass wir nicht nach Frieden streben sollen, noch sage ich, dass wir nicht kämpfen sollen. Beides wäre Wahnsinn. Wir müssen kämpfen und wir müssen versuchen, den Frieden herzustellen. Doch wir sollten uns nicht wie Drogensüchtige verhalten, sondern wie Gesundete und dazu müssen wir gesund werden wollen. Das ist der erste Schritt.
Es braucht in so einem Kampf wesentlich mehr Verstand und Ausdauer und diesen hat man nicht, wenn man blindwütig über sämtliche Stöckchen springt, die einem der Gegner vor die Füße legt. Natürlicherweise denkt jeder von seinem Feind, dass er dumm wäre. Es wäre allerdings besser, sich nicht darauf zu verlassen. Zwar schätze ich die direkten Gegner so ein, dass sie eben keinerlei inneren Frieden besitzen, aber eben klug genug sind, diesen Mangel so auszugleichen, dass andere Menschen sich als krank empfinden und sie als die Gesunden da stehen. Bei ihnen gilt alles unter umgekehrten Vorzeichen. Ohne die Etablierung ihres kranken Bildes von Gesundheit würde jeder sofort erkennen, dass sie es sind, die krank sind. Sie wollen Hass, Gewalt und Brutalität aus einem inneren Mangel heraus. Und wir? Haben wir auch einen inneren Mangel, dass wir genauso wie sie, nur auf einer anderen Seite stehend, diese Dinge wollen? Ich hoffe es nicht, denn was nützt es, auf der anderen Seite zu stehen, wenn es doch nur die andere Seite ein- und dergleichen Medaille ist?

Die Freiheit, die ich meine, ist keine von außen gönnerhaft oder kriegerisch ermöglichte Freiheit. Sie ist eine innere, die uns dazu befähigt, nicht so zu reagieren wie man es von uns erwartet. Ein Beispiel möchte ich hierzu geben: Einem Christen im Nahen Osten wurde von seinem Verfolger befohlen sich vor ihm nieder zu knien, damit er ihn erschießen kann. Der Christ sagte: „Ich knie nur vor Gott nieder – du musst mich schon im Stehen erschießen“… der Verfolger erschoss ihn nicht, doch das konnte der Christ nicht wissen. Er hatte durch diese Freiheit und diesen Frieden den schier unerhörten Mut ganz anders zu reagieren, als man es von ihm erwartet hätte. Das ist Freiheit in ihrer radikalsten Form.

 

03.03.2016

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